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Die BACKYARD BABIES punkten mit einem an Guns N‘ Roses‘ „Lies“ angelehnten Shirt-Design, THE BONES hingegen mit hopfigem Lager-Craft-Tourbier sowie Socken – und na ja, beide mit Vinyl und einem fleißigen Verkäufer. Das AUDREY-HORNE-Merchandise steht zwar (separat) da, aber es ist niemand auszumachen, der es verkauft. Des Rätsels Lösung ist, dass man verschwitzte, dies Last Minute zu organisieren, so entschieden die Norweger kurzerhand, das Merch nach der Show durchgehend selbst zu verkaufen. Irgendwie auch eine coole Sache!

Um 19:30 stehen die Skandinavier nach dem witzigen Muppets-Intro nun erst mal auf der Bühne und legen mit 'This Is War' gleich mal fulminant los. Sound- und Lichtbedingungen sind bestens, was deutlich zeigt, dass man sich auf dieser Triple-Tour auf Augenhöhe begegnet und schon der Opener das volle Brett auffahren darf. Die Spielfreude quillt den Musikern kollektiv förmlich aus allen Poren, man ist perfekt eingespielt, und die Band-Chemie scheint wirklich in bester Ordnung zu sein. Während 'Audrevolution' von der letzten bockstarken Platte sowie dem großartigen 'Youngblood' ist repräsentativ zu sehen, wie oft der Fünfer untereinander Blick- und Körperkontakt sucht, sich gegenseitig zupost oder im Grimassenschneiden übt. Trotz gelegentlicher Blödeleien steht hier eine gewachsene Band mit viel Charisma als Einheit auf der Bühne. Den Vogel schießt auch heute wieder das Gitarrenduo Ice Dale und Thomas Tofthagen ab. Anhand dieser Twinlead- und Solo-Duelle wäre nicht nur Thin Lizzy stolz. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass hier wirklich die gesamte Rock-Guitar-Posing Enzyklopädie lückenlos aufgeführt wird. Ganz großes Kino! Bassist Espen singt mehr Backing-Vocals denn je und verziert auch die eine oder andere Gesangslinie mit einer zweiten Stimme. Eindrucksvoll! Schlagzeuger Kjetil ist auf der einen Seite der Ruhepol der Band, der tight wie ein Schweizer Uhrwerk mit stoischer Gelassenheit jedes noch so kleine Soundloch zu stopfen weiß, andererseits aber sein Drumkit mit einem ordentlichen Punch bearbeitet. Während 'Pretty Little Sunshine', 'Out Of The City' und 'Waiting For The Night' wird es spürbar immer voller vor der Bühne. Es herrscht Partystimmung pur, und AUDREY HORNE erspielen sich heute ohne Zweifel einige neue Fans. Dies ist mit auch Verdienst von Sänger „Toschie“, der ein herausragender, leidenschaftlicher Sänger als auch hervorragender Entertainer ist und mit dem Publikum zu kommunizieren weiß. Fast zur Tradition ist es ja schon geworden, dass Torkjell mindestens einen ganzen Song mitten im Publikum singt. Am Ende des Sets stehen nun noch zwei ganz große Übersongs der Norweger an. Zum einen der unwiderstehliche 'Redemption Blues', nach dem die erste Hälfte der Halle förmlich kocht. Und ganz zum Schluss der Ohrwurm 'Blaze Of Ashes', zu dem dieses Mal die Gitarrenfraktion ganz zum Schluss kollektiv einen Ausflug ins Publikum übernimmt. Klampfer Thomas hängt sein Instrument dann sogar noch einem glücklichen Fan um, der die Schlussakkorde setzen darf. Was für eine Performance! Nun liegt die Messlatte für Schweden verdammt hoch.

Die meisten Bands würden bei so einer Steilvorlage gnadenlos den Kürzeren ziehen. Nicht aber THE BONES! Dafür haben sie zu viel Erfahrung, heute zu viel Bock als auch zu viele Die-Hard-Supporter direkt vor der Bühne, als dass hier etwas schiefgehen könnte. Vom Opener 'The Chevy Devils' an feiern hier Band und Fans eine ganz große Party, und der Pogo-Pit ist sofort eröffnet. Die bereits seit 1996 aktive Combo hat den großen Vorteil, eine sehr abwechslungsreiche Setlist quer durch alle Bandphasen und Alben auffahren zu können. So folgt auf die eingängigeren Singalong-Nummern 'Shooting Blanks' und 'Do You Wanna' sowie das Bonny Tyler Cover 'It's A Heartache', wieder Ruppigeres wie 'Screwed, Blued & Tattooed' und 'Wendy'. Auffällig ist auch der recht hohe Frauenanteil direkt vor der Bühne als auch im Pogo-Pit – sowie die Textsicherheit der Fans bei Stücken wie 'Hate' oder 'New Hooligans'. Für viel Abwechslung sorgt, wie sich Bassist Andi sowie die beiden Gitarristen Beef und Boner die Gesangsbälle zuspielen bzw. bestimmte Songs ganz unter sich aufteilen. 'Flatline' geht etwas vom Gas, damit jeder genug Puste hat, den großen Hit 'Denial' aus voller Kehle mitzugrölen. Manchmal muss man sich diese dafür auch ölen! Beef Bonanza hat dafür seinen ganz eigenen Bier-Roadie dabei, der ihm während seiner Performance in regelmäßigen Abständen das Fläschen gibt. Niedlich! 'Dog Almighty', 'Viva 13', 'Never', 'Railroad Track' und 'Monkeys With Guns' machen weiter keine Gefangenen, und Tieftöner Andi ist trotz Dauerbanging der Hut immer noch nicht vom Kopf gefallen. Wie macht er das nur? Bevor sich erste Ermüdungserscheinungen bemerkbar machen können, holen THE BONES ohne viel Getrödel gleich noch mal zum abschließenden Dreierschlag aus. 'Until I Die', 'Home Sweet Hell' und 'Memphis '77' machen den Deckel auf eine schweißtreibende, geile Punk-Rock‘n‘Roll-Show. Auf zum nächsten Bierstand!

Nach einer relativ zackigen Umbaupause stehen dann gleich THE BACKYARD BABIES auf der Bühne. Es ist weise, nach der unglaublichen Spielfreude von AUDREY HORNE und der punkigen Singalong-Power von THE BONES in anderer Art und Weise in das Set einzusteigen. 'Good Morning Midnight' von der neuen Platte groovt alle Anwesenden melodisch im Glam-Style ein, wonach sich mit dem eingängigen Smasher 'Dysfunctional Professional' erst mal jeder gut einsingen kann. Und der melancholische Hit 'Nomadic' lässt anschließend nicht nur die Frauenherzen schmelzen. Die Schweden haben ihn noch, den Dreck und den Schmutz und die Power. Nur zelebrieren sie dies nicht mehr 24/7, sondern gefallen sich in der Rolle der gereiften Rocker, die eine vielseitige und abwechslungsreiche Rock-Show inszenieren können. 'Shovin' Rocks' polarisiert anschließend wie auch schon auf Konserve. Die einen feiern einen puren, generischen Rocksong. Die anderen fragen sich, ob die Band so eine gewollt klingende Nummer nötig hat und würden lieber eine alte Power-Granate mehr hören. Ein viel besser gelungenes Experiment ist es, das Stück 'A Song For The Outcast' in einer akustischen Version darzubieten. Was vor 20 Jahren deplatziert gewirkt hätte, fügt heute eine weitere Facette hinzu. Dies gilt ebenso für die folgende Akustik-Darbietung von 'Roads'. Sehr gelungen gespielt und herrlich im Duett gesungen von Nicke und Dregen. Und weil wir gerade bei Dregen sind: Man sieht ihm zwar Alter und Lifestyle mittlerweile an, aber eine Urgewalt und ein Energiebündel ist er nach wie vor. Dies gilt für Gitarrenspiel als auch die Vocals. Davon abgesehen, dass jedes einzelne Soli mit jeder Menge Gefühl und Spirit dargeboten wird. Hier und da stiehlt der Gute dem eigentlichen Fronter damit auch mal die Show. Nicke ist über jeden Zweifel erhaben und hat noch mal an Charisma zugelegt – aber eine gewisse „Altersmilde“ ist ebenfalls nicht zu übersehen. Bei dem Klassiker 'Highlights' vom „Total 13“-Album ist davon aber glücklicherweise nichts zu spüren. Ganzkörpergänsehaut, Kollektivausrasten und -mitsingen ist hier angesagt.

'44 Undead' vom neuen Output fällt dabei anschließend nicht ab. Eine Bestätigung mehr, dass dieser Song einer der besten von der neuen Veröffentlichung ist. 'Thirteen Or Nothing' von der „Four By Four“-Platte spaltet dann das Publikum wieder. Die einen tanzen in Ekstase ab, die anderen wippen maximal mit, sprechen von einem Tiefpunkt. Bei 'Minus Celsius' und 'Brand New Hate' ist dann wieder Kollektiv-Ausrasten angesagt. Bassist Johan hat während dieser Nummern scheinbar besonders viel Spaß, grinst wie ein Honigkuchenpferd und sucht generell immer sehr viel Kontakt mit dem Publikum. Seine sympathische, bodenständige Aura punktet wie gewohnt sehr bei den Zuschauern. Stets einen Hingucker ist auch Drummer Peder wert. Seine zahlreichen Fills und Verzierungen, Akzente und kreative Spielweise heben ihn weit von einem 08/15-Rockdrummer ab. Die Band verschwindet kurz, um den Zugabenteil mit einem weiteren neuen Stück namens 'Yes To All No' einzuläuten. Gut, aber kein Vergleich zum Übersong 'Abandon', welcher die Halle noch einmal völlig zum Kochen bringt. Die gute-Laune-Nummer 'People Like People Like People Like Us' macht den Deckel auf ein saustarkes Rock-Konzert, an dem es abgesehen von ein bis zwei Längen im Set absolut nichts zu meckern gibt.

Zuletzt sei noch angemerkt, dass sich AUDREY HORNE tatsächlich gleich nach ihrem Gig-Ende am Merch-Stand eingenistet haben und dort auch noch aktiv sind, als die BACKYARD BABIES ihre Show bereits beendet haben. THE BONES mischen sich ebenfalls fleißig unters Volk und geben sich Fan-nah und kommunikativ. Ob es daran liegt, oder auch am Geschmack, dass deren Tourbier sich mehr als gut verkauft?

Text: Markus Wiesmüller

Fotos: Danny „Trabi“ Jakesch

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