Den Anfang dürfen heute ROGUES aus dem Bayerischen Wald machen. Die Truppe ist seit 2014 aktiv und beschreibt sich selbst als eine Kreuzung aus klassischem US-Hardcore-Punk, Thrash und Doom. Die letztgenannten Einflüsse lassen sich irgendwie nicht so deutlich heraushören wie moderner Breakdown-Hardcore. Gerade in diese Disziplin haben die Bayern eine ordentliche Durchschlagskraft und animieren die Violent-Dancing-Gemeinde zum ekstatisches Abzappeln und Schattenboxen. Der Rest sieht sich die energiegeladene Performance mit etwas Sicherheitsabstand an und klatscht höflich Applaus. Insbesondere Sänger Bryan legt viel Power in seine Vocals, ist ständig in Bewegung und sucht den Kontakt zu den Leuten direkt vor der Bühne. Dabei nutzt er such gut die direkt vor der Bühne platzierte Stagediving-Rampe gut aus. Der berühmte Funke will heute nicht so recht überspringen, aber ROGUES ernten in den leider nur 20 Minuten Spielzeit mindestens einen Achtungserfolg.
Foto: Danny "Trabi" Jakesch
Eine deutliche Stimmungssteigerung ergibt sich dann, als die Amis UNITX TX die Bühnenbretter entern. Und dies war anhand des sehr speziellen Sound-Cocktails nicht unbedingt zu erwarten. Wütender, rifflastiver Groove-Hardcore vereint sich mit Korn-ähnlicher Rhythmik (Bass, Gitarren-Licks), gelegentlichen Elektro-Samples und einem Sänger, welcher zwischen wütendem Hardcore-Gebrüll und natürlich coolen HipHop-Vocals hin- und herpendelt. Was Wucht und Coolness betrifft, so muss man manchmal auch etwas an Stuck Mojo denken. Dies liegt nicht nur daran, dass Sänger als auch Bassist Dreadlock-tragende Schwarze sind. Spielfreude, Performance und Charisma stimmen, wodurch die Texaner schon ab dem zweiten Song einen amtlichen Mosphit entfachen und die Zuschauer aus der Reserve locken können. Besonders hängen bleiben tun heute die Stücke `Agony`, `Band Sh!t`, `Burnout`, `Walk With Me` als auch `Cross Me` zum Schluss. Definitiv eine Truppe, welche Szene-Freunde im Auge behalten sollten. Gerade an solch eigenständigen, innovativen Combos mangelt es heutzutage enorm. Auch auf Platte im Wohnzimmer wissen diese Stücke ihre Wirkung und Magie zu entfalten. Wäre schön, wenn UNITX TX mit einer größeren, open-minded Band eines anderen Genres auf Tour gehen würde. Mit Anthrax und Public Enemy hat dies damals auch hervorragend harmoniert.
Foto: Danny "Trabi" Jakesch
Die heutigen Gigs sind allesamt kurz, knackig und intensiv. Hier reiht auch der Headliner TERROR deutlich mit ein. Wenn wir ehrlich sind, spielen die Kalifornier heutzutage in ihrer eigenen Liga. Im Bereich des metallisierten High-Energy-Hardcores kann ihnen aktuell wirklich niemand das Wasser reichen. Und bei allem Respekt für Hatebreed: Mittlerweile hat man auch seine ehemaligen Mentoren und Brüder im Geiste irgendwie überholt. Dies ändert nichts daran, dass Jamie Jasta ein Klasse Mensch und Musiker ist – die ersten vier Scheiben seiner Band unantastbar und heilig sind. Aber die positive Energie und Durchschlagskraft, welche die Amis gleich vom Titeltrack des neuen Longplayers an entfachen, ist irgendwo nicht von dieser Welt. Nach `Pain Into Power` gibt’s gleich den Übersong `Overcome` zu hören. Und der L.A. Club steht trotz saunaartigen Temperaturen Kopf. Sänger Scott Vogel ist wie eh und je ein wildgewordener Pitbull auf der Bühne. Er läuft, springt, gestikuliert und shoutet ins Mikro, als ginge es um sein Leben. Und er tut dies ehrlich, natürlich und authentisch. Deswegen frisst ihm Cham auch regelrecht aus der Hand. Denn trotz aller tough-guy Aura wirkt Scott dennoch auch bodenständig und als „einer von uns“. Im Vergleich zu so manchen Rockstar-Kandidaten fühlt sich das Publikum stets eins und auf Augenhöhe mit ihm. Er wird auch nicht müde, die Leute zu bitten mehr abzugehen, näher zu kommen und die Stagedive-Rampe mehr zu benutzen. Die Klampfenfraktion Martin und Jordan spielt arschtight zusammen und feuert ständig fieseste Riff-Salven ab. Dabei ist es völlig gleich, ob wir von der Midtempo-Groove-Variante oder schnellen Hardcore-Thrash-Eruptionen sprechen. Großes Kino! Über die Rhythmus-Fraktion kann man ebenfalls nur lobende Worte verlieren. `Spit My Rage`, `Stick Tight` und `Strike You Down` werden nach allen Regeln der Kunst gnadenlos abgefeiert. Vor `Last Of The Diehards` macht Mr. Vogel eine kurze Ansage, dass TERROR dankbar sind in unser „Zuhause“ eingeladen worden zu sein. Der Klassiker `Return To Strength` reißt dann endgültig alle Mauern der Zurückhaltung im Publikum ein. Der bisher wildeste Moshpit wird gestartet, Stage-Diver als auch Crowdsurfer nehmen zu und der ein oder andere Diehard-Fan geht auch Tuchfüllung mit Scott, um Textzeilen in sein hingehaltenes Mikro göbeln zu können. So geht Hardcore! `Can`t Help But Hate` ist der brutalste Moment im Set und zermalmt auch ohne die Guest-Vocals von Corpsegrinder (Cannibal Corpse) alles und jeden. Wow! `Boundless Contempt` ist eine kurze Phase des Luft-Holens, ehe Zuschauer und TERROR nochmals die letzten Energiereserven mobilisieren und das letzte aus sich heraus holen. `One With The Underdogs` strahlt auch wegen des dynamischen, gut ausgepegelten Sounds in vollem Glanz, und `Keepers Of The Faith` soll, kann und muss die einzige Nummer sein, welche einen Gig dieser Band beschließt. Kritikpunkte? TERROR standen für etwas mehr als 50 höllisch intensive Minuten auf der Bühne. Das ist OK, aber die Zuschauer hätten trotz tropischen Temperaturen gerne zwei Tracks mehr gehört. Eine Stunde wäre auch für eine High-Energie-Show dieser Art nicht zu viel gewesen. Ansonsten: Ein weiterer perfekter Konzertabend in der, ohne Wenn und Aber, Lieblings Bayern-Konzert Location des Rezensenten.
Foto: Danny "Trabi" Jakesch