Donnerstag, 13.06.2024
Bei heiterem Sonnenschein eröffnen wie jedes Jahr die Alphornbläser das Spektakel. BRING ME THE HORIZON werfen als Headliner des heutigen Festivaltags ihre Schatten bereits voraus - die Bühne ist so hoch aufgebaut, dass man erst ab Reihe vier erahnen kann, wer denn da gerade auf der Bühne steht. Auch das Equipment auf der Mainstage wird zur Stolperfalle und Alea von SALTATIO MORTIS legt sich gleich einmal lang. Das ganze Set der Karlsruher schafft es zwar die anwesenden Fans zufriedenzustellen, aber wirklich viel Stimmung kommt noch nicht auf. Auf der Eiger Stage legen FJØRT aus Aachen ein absolut geniales Post-Hardcore-Brett hin. Man sieht, dass die Band liebt, was sie tut, und das wird auf der Bühne voll ausgelebt. Diese Ekstase erfasst auch das Publikum und es wird ein riesiges Fest daraus. ‘Couleur’ wird mit einem herzlichen größten Mittelfinger aller Zeiten für alle Nazis in der Welt zelebriert. Nach diesem Highlight geht es zurück auf die Hauptbühne zu einem komplett anderen Konzerterlebnis. Bei BABYMETAL ist alles perfekt durchgetaktet. Jedes Detail der Choreografie sitzt und Pyrotechnik wird großzügig eingesetzt. Die Musiker stehen weit im Hintergrund und der Fokus liegt ganz klar bei den drei Frontdamen. Der Hype um den Kawaii-Metal scheint hier noch nicht angekommen. Das Publikum bleibt in der Reaktion eher verhalten, mit Ausnahme des Songs ‘Ratatata’, den nun wirklich alle vor der Bühne mitgröhlen konnten. Als nächstes geht es mit SUM 41 zurück in die Jungendzeit von vielen der Anwesenden. Viele werden die Band wohl zum letzten Mal sehen, denn mit ihrem neuen Album «Heaven :x: Hell» kündigten sie eine Welttournee, aber auch die anschliessende Auflösung der Band an. Einige sind womöglich genau deswegen auch nochmal nach Interlaken gekommen und es ist rappelvoll vorne an der Jungfrau Stage. Das Set zieht sich wunderbar durch alle Jahrzehnte der Bandgeschichte und zum ersten Mal in den drei Tagen Greenfield kocht der Moshpit richtig auf. Bei ‘Makes No Difference’ wird grosszügig mitgesungen, und es gibt auch ganz neue Tracks wie ‘Landmines und ‘Dopamine’ zu hören. MACHINE HEAD sind leider einer der wenigen klassischen Metalacts in diesem Jahr, aber dafür lassen sie sich so richtig feiern. Ein krachendes Set, perfekter Sound und die langsam einsetzende Dunkelheit sorgen für beste Stimmung. KARNIVOOL aus Australien headlinen heute die kleine Bühne. Leider gibt es immer noch kein neues Material der Band. Die Dunkelheit schafft aber die perfekte Atmosphäre für deren progressiven Metal. Wer nach MACHINE HEAD noch Bock hat, weiter zu headbangen, ist hier gut aufgehoben. Bevor BRING ME THE HORIZON auf die Bühne kommen können, wird der Backstage-Bereich geräumt. Dank deren Allüren muss auch ein MACHINE HEAD-Sänge warten, bis er an Essen und Trinken kommt. Zum Showstart kommt Oliver Sykes gewohnt dramatisch auf die Bühne, die Performance ist absolut perfekt, das Bühnenbild gigantisch. Es erinnert an eine Kathedrale und soll die Dramatik des Auftritts noch verstärken. Seit 2014 sind die Briten regelmäßige Gäste des Greenfield Festival, aber dieses Jahr kommt nicht so richtig Fahrt auf. Die Show bietet einen guten Sound, Pyro und Feuerwerk bis an die Decke, aber für ein Festival ist es zu wenig locker. Viele hofften ja auf ein Duett mit BABYMETAL, doch die waren bereits wieder abgereist und so musste ‘Kingslayer’ leider ohne sie performt werden. Trotzdem, oder gerade deswegen, war es einer der stärksten Songs im Set. Mit den drei Zugaben ‘Doomed’, ‘Lost’ und ‘Throne’, und einer großartigen Lightshow, verabschieden sich die Briten von ihren glücklichen Fans. Was ein toller erster Festivaltag.
Freitag, 14.06.2024
Das Wetter hat sich bisher komplett konträr zur Vorhersage entwickelt und es ist ein lauschiger, trockener Tag angesagt. THE BABOON SHOW eröffnen den zweiten Festivaltag. Diese Band hat sich wahnsinnig entwickelt. Ihre Spielfreude, ihr Witz und die Songs sind so gut, dass sich die bombastische Stimmung schnell auf das feierwütige Publikum projiziert und aus dem verhaltenen Wippen ein amtlicher Moshpit wird. Hits wie ‘Me, Myself And I’, ‘Queen Of The Dagger’ und ‘Radio Rebelde’ werden lauthals mitgesungen. PALAYE ROYALE sind definitiv zu früh gesetzt. Die Brüder aus Las Vegas holen aber alles aus ihrer zu kurzen Spielzeit raus. Mit dem Gummiboot geht es zu ‘Mr Doctor Man’ über die Menge, der Boxenturm wird Schwindel erregend erklommen, um dann aus ordentlicher Höhe wieder zurück auf die Bühne zu jumpen. Die Stimmung wird heute von Anfang an richtig gepusht! Bei den GUANO APES fängt es dann an zu regnen. Leider gehen gerade einige Kindheitserinnerungen in unschönem Gesang unter. Die Töne klingen schief und auch das Tempo kann Sandra Nasić oft nicht mithalten. Das Ganze endet im bisher schwächsten Auftritt des Festivals. ELUVEITIE profitieren von Beginn weg von einem gut abgemischten Sound, wodurch ihre vielschichtigen Arrangements gut zur Geltung kommen. Die vielen Zuschauenden lauschen und schauen gebannt, was abgeht, bleiben in ihrer Reaktion aber noch verhalten. Einige Bandmitglieder stehen während der Show von den Dropkick Murphys direkt im Anschluss fleissig für Fotos und kleine Schwätzchen bereit, was Fans von jung bis alt sichtlich erfreut. Silverstein aus Kanada animieren derzeit auf der Eiger Stage zum Mitsingen. Die kleine, aber laute Fanbase gibt dabei ordentlich Gas. Dann folgen auf der Hauptbühne die Dropkick Murphys. Nach dem Intro, einem Tribute an Shinnead O'Connor mit ihrer Version von «Foggy Dew», legen die Herren mit 'The Boys Are Back’ los. Der erste Teil des Sets gestaltet sich gemächlich – die Musiker scheinen noch etwas in die Gänge kommen zu müssen. Gegen Auftrittsmitte liegen dann auch etwas schnellere Songs drin, wobei die Setlist alte Hits in ihrer ursprünglichen Form vermissen lässt. Dem Publikum ists egal - die feiern ihre Dropkick Murphys von Anfang bis Ende voll ab. Zu Kvelertak setzt dann der Regen wieder ein. Die Band zieht die Anwesenden aber derart in den Bann, dass eine grosse Mehrheit des Publikums ausharrt und sich von den ausladenden Bewegungungen und dem grandiosen Zusammenspiel der Musiker mitreissen lässt. Ein gelungener Abschluss des zweiten Festivaltages, den man falls gewünscht in einem der Partyzelte noch etwas verlängern kann.
Samstag, 15.06.2024
Nach einer regenreichen Nacht und erneut mieser Wetterprognose für den letzten Festivaltag, haben sich viele Leute mit Gummistiefeln und Regenjacke bewaffnet. Zur allgemeinen Freude ist zumindest Letztere bisher völlig unnötig. Feuerschwanz ohne Feuer geht natürlich nicht und so wird dem Publikum bereits früh nachmittags ordentlich eingeheizt. Der Stimmungsbarometer geht steil nach oben und den Aufrufen zu "Du bist der Bastard"-Chören, reckenden Fäusten und klatschenden Händen wird brav Folge geleistet. Auch ein bunter Circle-Pit dreht spontan seine Runden. Die ausgelassene Stimmung wird von Thy Art Is Murder im Anschluss direkt weggeblasen. Einmal die Getriebe angeschmissen, hält sie nichts mehr auf. Geliefert wird während einer Stunde die volle Breitseite. Wer diese Tracht Prügel nicht mag, kann sich derweil auf dem Mittelaltermarkt das frohe und bunte Treiben zu Gemüte führen. Deutlich braver geht das Programm auf der Hauptbühne danach mit den gute Laune-Punkrockern The Interrupters weiter. Die Ska-Beats lassen das Publikum tanzen. Der Keyboarder bringt mit seinem vielseitigen Einsatz, unter anderem auch an der Posaune, Abwechslung in den eher simplen Songs. Die Band nutzt die Bühne bis zu den äussersten Winkeln und sorgen damit für eine überraschend intime Atmosphäre. Der Platz vor der kleineren Eiger Stage ist bei Hanabie richtig gut gefüllt. Als die Sängerin mit einer Schweizerfahne auf Bühne gelaufen kommt, kreischt das Publikum. Der Auftritt ist spannend anzusehen und die Mädels beherrschen ihre Instrumente, leider funktioniert der Klargesang aber überhaupt nicht. Den meisten Leuten ists egal. Hanabie hätten den Platz vor der Hauptbühne wohl auch besser gefüllt als Crosses, die am frühen Abend auf der grossen Bühne leider ziemlich deplatziert wirken. Die Songs treffen nicht den Nerv des Greenfield-Publikums, wie sich am sehr dünn bevölkerten Platz vor der Bühne zeigt. Schade für die Herren. Sänger Chino Moreno improvisiert kurzerhand und begibt sich direkt in die Mitte der kleinen Fangemeinde, um die positiven Vibes dort aufzusaugen. Gegen Ende des Auftritts strömen die Massen wieder aufs Infield, denn nun stehen Kraftklub auf dem Programm. Und die liefern quasi bereits eine erste Headlinershow ab. Der gesamte Auftritt ist aufwändig inszeniert, aufgebaut in 3 Akten. Im ersten Akt gibt’s einen lockeren Einstieg zum Hüpfen und Tanzen. Dann folgt ein Intermezzo mitten in den Fans, währendem die Bühne hinter dem Vorhang umgebaut wird. Nach einem Lichterspektakel folgt der letzte Akt mit vielen Hits zum Mitsingen. Das Publikum ist in Feierlaune und dreht zum Abschluss des Festivals nochmals so richtig auf. Für die gut aufgewärmte und dicht stehende Menschenmenge folgt zum krönenden Abschluss noch Greenday. Mit viel Spielfreude liefern die US-Punkrocker ein über zweistündiges Set ab, das abgesehen von einigen Knallern und Funken, sowie dem Kurzeinsatz eines über dem Publikum schwebenden Flugzeugs mit wenig Schnickschnack auskommt - Greenday könnens!
Text: Patricia Lang und Kira Appelt
Fotos: Kira Appelt