Der klassische Pop-Rock-Sound mit symphonischen und progressiven Untertönen findet nicht umsonst auch bei so manchem Freund härterer Sounds Anklang. Gute Musik ist eben nicht nur zeitlos, sondern überwindet auch Genre-Schranken. Eine glückliche Fügung des Schicksals bestimmte Alans weiteren musikalischen Weg, war es ihm doch vergönnt, bei „Abbey Road“ und „Let It Be“, den letzten beiden Alben der Beatles vor ihrer Auflösung, auf einem der Produzentensessel Platz nehmen zu können. Der kreative Beitrag Parsons' als Chef-Knöpfchendreher bei Pink Floyds Jahrhundertalbum „The Dark Side Of The Moon“ verschaffte ihm endgültig Weltruhm, den er im Laufe der kommenden Jahre immer weiter auszubauen vermochte. Ab Mitte der 70er wollte sich Alan nicht mehr länger zurückhalten, sondern machte selber zusammen mit oben erwähntem Eric Woolfson Musik. Gemeinsam gingen die beiden als THE Alan Parsons Project in die Geschichte ein. In Anbetracht des bewegten Lebens des gebürtigen Briten und der Tatsache, dass „The Secret“ ein wirklich superbes Album geworden ist, welches in einer Linie mit vergangenen Großtaten steht, kontaktiert der Schreiberling Parsons, der zum Zeitpunkt des Interviews in seinem Büro in Kalifornien weilt.
Alan wirkt in Anbetracht von zig Gesprächen, die er an diesem Tag führte, um über sein neues Werk zu erzählen, etwas geschlaucht. Trotzdem ist er dann zu kleinen Scherzen aufgelegt, denn als er erfährt, dass sein Gegenüber am anderen Ende der Leitung aus Deutschland stammt, entfährt ihm zunächst mal ein herzliches „Grüß Gott!“. Entgegen der Annahme des Schreiberlings, dass Alan bei „The Secret“ komplette Stücke alleine ausarbeitete, um sich Gastmusiker ins Studio zu holen, die das dann umsetzten, ist das Album das Ergebnis einer Serie von Songwriting-Kooperationen. „Nichts auf diesem Album habe ich de facto alleine geschrieben! Die meisten Co-Schreiber sind jedoch Mitglieder meiner Live-Band. Wir bilden ein sehr gutes Team, nicht nur was die Zusammenarbeit bei Live-Shows und im Studio angeht, sondern auch wenn wir, wie im vergangenen Jahr geschehen, gemeinsam Songs erschaffen. Das war eine ziemlich lustige, gute Zeit! Mein Studio ist brandneu und ich bin sehr stolz darauf, dass ich nunmehr eine vollwertige Tonhalle habe, die weitaus größer ist als das letzte Studio das ich hatte. Das Studio, das ich zuvor in meinem Haus hatte bestand lediglich aus einem kleinen Raum mit einer in der Wand eingelassenen Scheibe zum nächsten Zimmer. Das war wirklich sehr klein! Mittlerweile habe ich ein komplettes, richtiges Studio und ich freue mich darauf, zukünftig auch an anderen Projekten zu arbeiten!"
Analog versus digital
Herzstück von Alans neuem Studio ist eine brandneue Analog-Konsole des einschlägig bekannten Herstellers Rupert Neve. „Neve baut schon seit Jahrzehnten unglaublich gute Audio-Konsolen und ich bin sehr stolz darauf, dass er das auch für mich machte! Bei Aufnahmen greife ich auf Aufnahme-Prinzipien zurück, die sehr in der alten Schule verwurzelt sind, denn meine spezielle Arbeitsweise habe ich seit den 70er Jahren nicht verändert. Ich mag es immer, wenn mehrere Musiker zusammenkommen und gemeinsam musizieren, so dass jeder den Beitrag des anderen spüren kann und alle untereinander Ideen austauschen können. Das ist eine großartige Arbeitsweise! Die moderne Technologie erlaubt es einen, jedes Instrument einzeln aufzunehmen, das ging damals in analogen Zeiten noch nicht. Andererseits ziehe ich es vor, ein Team von Leuten zu haben, die zusammenarbeiten. Das Aufnahmemedium ist jedoch digital. Nur sehr wenige Produzenten verwenden noch Analog-Tapes, ist es doch im Vergleich zu Aufnahmen auf Festplatten sehr schwer, damit zu arbeiten. Man benötigt viel Zeit, um die Maschine adäquat einzustellen, Tapes können reißen oder sich in der Maschine verwickeln etc. Das ist eine ziemlich risikoreiche Arbeitsweise, da ist das digitale Produzieren schon weitaus sicherer! Es gibt da eine Funktion namens Undo, bei der man, wenn man sie auswählt, Parts herausschneiden und neu aufnehmen kann. Man läuft also nicht Gefahr, Sachen zu verlieren, alles wird gespeichert! Wenn man bei der analogen Arbeitsweise zur falschen Zeit an der falschen Stelle den Aufnahmeknopf drückt, kann es sein, dass Musik für immer und ewig weg ist!"
Neben altgedienten Größen der Rock- und Popmusik wie Lou Gramm (Ex-Foreigner) und Steve Hackett (Ex-Genesis) sticht insbesondere der Beitrag von Jason Mraz bei 'Miracle', dem ersten Stück von „The Secret“ mit Gesang heraus. Vielleicht ist es diese gekonnte Mischung von Musikern verschiedener Generationen, die „The Secret“ einen so besonderen, eigenen Touch verleiht? „Ich schätze, hier beziehst du dich wahrscheinlich auf die Tatsache, dass Jason Mraz etwa 30 Jahre jünger ist als ich, oder? Ich finde das großartig und bin sehr zufrieden, dass ich ihn dazu brachte, bei 'Miracle' den Leadgesang zu übernehmen. Wir lernten uns erst vor wenigen Jahren über einen gemeinsamen Freund, der auf seiner Farm Kaffee anbaut, zum ersten Mal kennen. Jason lebt in derselben Gegend hier in Santa Barbara/Kalifornien wie ich. Wir sprachen über Musik und er weckte gleich von Beginn an mein Interesse. Jason spielte mir eine Version von 'Eye In The Sky' vor, die er vor einigen Jahren selbst aufgenommen hatte. Als er 'Miracle' hörte, meinte er, dass dieses Stück auch auf dem „Eye In The Sky"-Album hätte sein können. Er fühlte umgehend den Vibe des Songs und lieferte wirklich gute Arbeit ab. Sein Beitrag zu „The Secret" dürfte dazu führen, dass einige seiner Fans, die Teil einer jüngeren Generation sind, via sozialer Medien auch mal in meine Musik reinhören. Soziale Medien sind heutzutage extrem mächtig! Ich bin sehr gespannt darauf, inwiefern sich seine Fanbasis uns zuwendet! Lou Gramm ist natürlich mehr meine Generation und auch seine Stimme passte hervorragend zum Song 'Sometimes'. Wir nahmen das Stück auf, obwohl wir weit voneinander entfernt wohnen. Lou war nämlich in einem Studio in New York, während ich hier in meinem in Santa Barbara saß. Wir sahen uns nur am Bildtelefon und nahmen den Song quasi via Internet-Verbindung auf. Das ist definitiv eine interessante Arbeitsweise, dadurch spart man auf jeden Fall viel Geld für Langstreckenflüge und Hotelzimmer, haha! Auch Jason nahm seinen Gesang in Dallas auf, während ich in Kalifornien weilte. Wir schickten uns ständig Dateien hin und her und letzten Endes entstand daraus dieser Song. Für das Stück 'Requiem' leiteten wir eine große Band-Aufnahme in einem Studio in Nashville in die Wege, während ich mich hier in Santa Barbara befand. Das beweist, dass man nicht unbedingt im selben Studio sitzen muss, um zusammen Musik zu erschaffen.“
In der Welt des Irrealen
Wie eingangs bereits erwähnt, stammt das letzte ALAN-PARSONS-Album „A Valid Path“ aus dem Jahr 2004. Ein wesentlicher Grund für diese lange Pause war laut dem Briten die Tatsache, dass die Scheibe kommerziell gesehen nicht sonderlich erfolgreich war. „Das machte mich etwas zu schaffen, ich war ein bisschen niedergeschlagen, weil es nicht so gut ankam. Serafino Perugino, der Chef der italienischen Plattenfirma Frontiers Records, schrieb mir ständig und bat mich darum, für sein Label ein Album zu machen. Er fragte mich hartnäckig immer und immer wieder und da er mir ein sehr gutes Angebot unterbreitete, nahm ich es an. So lief das. Letzten Endes war das Ganze von der Plattenfirma und von der Tatsache angetrieben, dass ich über ein gewisses Budget verfügte. Ein Album zu machen ist keine billige Angelegenheit, denn schließlich muss ich viele Musiker bezahlen und auch ein Orchester ist ziemlich teuer. Als mir das Budget zugesagt wurde, war ich bereit, das Projekt anzugehen. Ich genoss den Entstehungsprozess der Scheibe sehr und freue mich darauf zu erfahren, wie sie ankommt! Das Album wird am 26. April herauskommen."
Dass „The Secret“ in musikalischer Hinsicht wieder zurück zu den glorreichen, klassischen Tagen des Alan Parsons Projects geht, war indes durchaus so beabsichtigt. Das Thema „Magie“ zieht sich dabei wie ein roter Faden durch die Texte. „Das Album wird durchaus von diesem losen Konzept zusammengehalten, das Thema „Magie" taucht in einigen Songs auf. Seit ich ein kleiner Junge war interessierte mich Magie, ich genieße es, Tricks mit Münzen oder Karten im Familienkreis, in Restaurants, Bars o.ä. aufzuführen. Ich habe viele Freunde, die Magier sind und besuche regelmäßig einen sehr berühmten Club für Magie in Los Angeles namens „The Magic Castle". Ich bin dort Mitglied und es macht sehr viel Spaß, einen Abend dort zu verbringen. Dort wird jegliche Art von Magie aufgeführt, ob das nun Bühnenillusionen sind, Karten- und Münz-Tricks etc. Es gibt viele kleine Räume, in denen magische Tricks aufgeführt werden. Manchmal sitzt man auch nur an der Bar, trinkt was und dann kommt ein Magier angelaufen, der dir einen Trick zeigt. Das ist wirklich ein großartiger Ort! Ich liebe einfach alles was mit Magie zu tun hat und habe viele Freunde, die Magier sind. Wenn ich die Zeit dafür habe, genieße ich es, Bücher über Magie zu lesen und neue Tricks zu lernen. Die meisten Magier lernen ihre Tricks aus Büchern, über dieses Thema gibt es eine ganze Menge. Wenn man sich die Texte durchliest, wird man oft über Wörter wie ‚magic‘, ‚illusion‘ oder ‚sleight of hands‘ stolpern, all das ist auf ganz natürliche Art und Weise in die Lyrics eingeflossen. Es war nett, denn als wir die Songs schrieben, hatten wir gleich eine gewisse Richtung vorgegeben, in die wir uns bewegen konnten. Wenn man ein gewisses Thema, eine Vorgabe hat, macht das das Verfassen der Texte einfacher."
In gewisser Weise finden sich Parallelen zwischen Alans großen Leidenschaften: Sowohl Musik als auch Magie können einerseits Menschen lediglich unterhalten, andererseits bieten sie jedoch auch die Möglichkeit zur Flucht aus dem Alltag, sind eine Form des Eskapismus. „Ja, in der Tat! Ich denke, dass dies die Definition von Magie ist, nämlich dass sie einen von der Realität in die Welt des Irrealen transportiert. Musik vermag das auch zu tun, sie kann einen an einen anderen Ort entführen. Wenn ich nicht im Musikgeschäft tätig wäre, wäre ich mit ziemlicher Sicherheit Magier geworden, haha! Das Talent richtig guter Magier, die an der Spitze ihrer Profession stehen, ist wirklich unglaublich! Ich denke da nur an David Copperfield oder Siegfried und Roy, die mittlerweile ja leider nicht mehr zusammen arbeiten. Ein Stück weit neide ich ihnen ja dieses Talent, denn das ist eine wirklich tolle Sache!"
Ehemalige Wegbegleiter und neue Impulse
Angesichts des regelrechten Interview-Marathons, in dem Alan an dem Tag steckt gedenkt sich der Schreiberling schon zu verabschieden, als der gebürtige Brite dann meint, dass er die festgesetzte Zeit auch noch etwas überziehen könne. „Ein, zwei Fragen kannst Du mir noch gerne stellen, so dass ich zwischen den Interviews eine fünfminütige Pause machen kann."
Gut, dann wenden wir noch einen Blick in die Vergangenheit: Alans lange und prestigeträchtige Karriere begann, wie eingangs bereits erwähnt, mit zwei der größten und legendärsten Namen im Rock- und Pop-Business: Den Beatles und Pink Floyd. Der Kontakt zu seinen ehemaligen Wegbegleitern ist gegenwärtig jedoch nur noch sporadischer Natur. „Gut, David Gilmour war auf meinem letzten Album „A Valid Path" zu hören gewesen, er spielte darauf Gitarre. Seitdem hab ich ihn allerdings nicht mehr gesehen. Paul McCartney hab ich vor etwa zehn Jahren das letzte Mal getroffen, als er in einem großen Baseball-Stadion in Anaheim, Kalifornien, auftrat. Aber ich wohne mittlerweile ja nicht mehr im Vereinigten Königreich. Wenn ich dort noch leben würde, wäre es wahrscheinlich einfacher, den Kontakt zu alten Bekannten aufrecht zu erhalten. Seitdem ich jedoch nach Amerika gezogen bin habe ich seltener Leute von den Beatles getroffen. Ringo Starr hab ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen, das letzte Mal vielleicht bei den Aufnahmen von „Let It Be". Aber Halt, wir haben uns noch mal in den späten 70ern in Monte Carlo getroffen!“
Für jemanden, der auf eine gut 50-jährige Karriere im Musikgeschäft zurückblicken kann, dürfte es schwierig sein, in der heutigen Rock- und Pop-Landschaft lohnenswerte jüngere Gruppen aufzustöbern, Bands, die noch etwas bis dato kaum Gehörtes zu bieten haben. Und doch ist Alan neuen Künstlern gegenüber sehr aufgeschlossen. „Es gibt da draußen immer noch gute Musik, aber auch viele ziemlich schlechte Musik, haha! Ich mag zum Beispiel Imagine Dragons sehr gerne, die einen großartigen Impuls auf moderne Musik ausüben. Eine andere amerikanische Band, die ich liebe, sind Train, wobei ich nicht weiß, ob die in Deutschland überhaupt bekannt sind? Gegenwärtig gibt's auf jeden Fall viele gute Popmusik, aber wie gesagt auch sehr viele schlechte Sachen, haha! Solches Zeug kann ich mir einfach nicht anhören! Ich bin bspw. überhaupt kein Hip-Hop-Fan, wenn davon was im Radio gespielt wird, wechsele ich umgehend den Sender!"
Nun ist es jedoch an der Zeit, sich zu verabschieden, der nächste Interviewpartner wartet wohl bereits auf Alan. „Vielen Dank, dass du dieses Interview geführt hast! Und Danke, dass du gesagt hast, dass du das Album magst, das weiß ich sehr zu schätzen, Bye!"
Foto: Simon Lowery
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